Montag, 23. November 2009

Zugabe kurz vor Mitternacht


Hallo liebe Gäste meiner Homepage,



nicht nur in den Fußgängerzonen unserer Städte ist es weihnachtlich geworden, auch die Häuser und Wohnungen werden allmählich auf Adventsglanz getrimmt. Die gemütliche Vorweihnachtszeit steht unmittelbar bevor und man muss schon gehörig einen an der Waffel haben, um in diesen Tagen mit der Pappnase durchs Land zu laufen. Gott sei Dank steht man als Karnevalist mit dieser Macke nicht alleine da, sondern befindet sich im Rahmen von Sessionseröffnungen oder Auftaktsitzungen in bester Gesellschaft.

So führte mich mein Weg am vergangenen Wochenende zunächst in die Mehrzweckhalle nach Arloff-Kirspenich bei Bad Münstereifel zur dortigen Kostümsitzung der Prinzengarde. Sitzungen in der Eifel sind bei Rednern beliebt und gefürchtet zugleich, denn dort gibt es eigentlich nur zwei Möglichkeiten: entweder man geht fliegen oder reißt die Hütte ab. Dazwischen gibt es nichts, denn die Eifeler Jecken verstehen zu feiern. Da ist es für Büttenredner im allgemeinen und für Reimredner im besonderen, ausgesprochen wichtig, zum richtigen Zeitpunkt im Programm zu sein, um die Aufmerksamkeit des Publikums zu hundert Prozent für sich beanspruchen zu können. In Arloff-Kirspenich war das allerdings kein Problem, denn die Mehrzweckhalle war nicht nur ausverkauft, sondern auch mit einem sehr netten Publikum bis auf den letzten Platz gefüllt. Am Ende meines Auftritts applaudierte ein Teil des Sales stehend, der andere verlangte laut nach Zugabe. Jeckes Herz, was willst Du mehr?!

Eine typische Eifelveranstaltung erkennt der Fachmann übrigens schon von Ferne am Imbisswagen vor dem Saal. Da die meist kleineren Säle auf dem Land nicht über eine eigene Restauration verfügen, man aber auf ein Häppchen zwischendurch nicht verzichten möchte, sind die Errungenschaften der fahrenden Gastronomie stets sehr willkommen. Essen auf Rädern quasi. Natürlich auch bei Nachwuchsrednern sehr beliebt, weil man dort für relativ kleines Geld noch was Anständiges zwischen die Kiemen bekommt. Wenn man dann noch das Glück hat, an einem solchen Ort den letzten Auftritt des Abends zu bestreiten, kann das auch leicht in einer Schaschlikorgie ausarten.

Dafür war jedoch am vergangenen Samstag keine Zeit, denn schließlich warteten noch die K.G. Alt-Severin e.V. 1951 Köln sowie die KG Original Kölsche Domputzer von 1979 e.V. auf mich. Die KG Alt-Severin hatte zum „Sessions-Auftakt mit Kölsche Krätzjer un Kölschem Buffet“ ins Renaissance-Hotel in die Magnusstraße im Herzen der Kölner Innenstadt eingeladen. Zu diesem Auftritt gibt es nicht viel mehr zu sagen, als dass er perfekt war und zwar von vorne bis hinten. Das Publikum hatte die innere Bereitschaft, sich Spaß un Freud zo mache, keineswegs an der Garderobe abgegeben, sondern wor richtig jot drop! Standing Ovations, Zugabe und Rakete - vielen Dank für diesen wunderbaren Auftritt.

Zum guten Schluss ging es dann noch rüber auf die andere Rheinseite in den Brügelmannsaal nach Deutz, wo die Kölschen Domputzer ihre traditionelle „Große Sitzung zur Sessionseröffnung“ feierten. Meine Auftrittszeit 23.10 Uhr (!!!). Normalerweise trete ich nach 22.30 Uhr nirgendwo mehr auf und habe als Reimredner im Vergleich zu anderen Karnevalsinterpreten relativ früh Feierabend. Wenn ich von dieser Regel seltener Weise mal eine Ausnahme mache, hat das seinen Grund: nämlich ein begeisterungsfähiges Publikum sowie eine Veranstaltung wo Redner noch zum festen Teil des Sitzungsprogramm gehören und nicht etwas lästiges Beiwerk einer lauten Ballermannfete sind. Als ich den Saal betrete, spielen die Swinging Fanfares Köln selbigen gerade an die Wand und sorgen neben einem bombastischen Sound für eine fabelhafte Stimmung. Beim Anblick tanzender und hüpfender Jecken zwischen den Tischreihen bekommt jeder Redner Fracksausen, denn man weiß ja nie, ob man die wirklich noch mal eingefangen kriegt. Meine Sorge ist jedoch unbegründet, denn es gelingt mir tatsächlich den Saal Stück für Stück zu gewinnen und freue mich riesig, als mir um 23.35 Uhr erneut das wunderbare Wort „Zugabe“ hundertfach entgegenschallt. Um diese Uhrzeit habe ich das noch nie gehört und habe in diesem Moment das gute Gefühl, dass der kölsche Fastelovend sehr lebendig ist und es auch bleiben wird, solange es ein solches Publikum gibt. Ich habe es ja schon mehrfach gesagt und erwähne es an dieser Stelle gerne noch mal: ein Redner ist immer nur so gut, wie das Publikum welches ihm zuhört. Meine Nummer war an diesem Abend übrigens noch nicht der letzte Redebeitrag, denn nach mir kamen noch Botz un Bötzje. Deren Auftritt habe ich mir dann in aller Ruhe angeschaut und sehr genossen; in der einen Hand ein frisch gezapftes Kölsch (das erste an diesem Abend) und in der anderen eine leckere Frikadelle. Müde und kaputt, aber sehr zufrieden.

Gute Nacht...ähh...Kölle Alaaf

Euer Tuppes