Dienstag, 8. März 2011

Der letzte Auftritt der Session und der Jahrhundert-Zoch vun Kölle...

Leev Jecke,

hatte ich in meinem letzten Blog-Beitrag schon davon gesprochen, dass mein persönlicher Sessionsendspurt einem grandiosen Feuerwerkfinale glich, so darf ich sowohl meinen letzten Auftritt, als auch den Rosenmontag, als absoluten "Big Bang" bezeichnen.

Sonntagabend, Pfarrkarnevalssitzung, Katholisches Männerwerk St Bruno im Brunosaal, Köln-Klettenberg. Es ist gegen 18.40 Uhr, als Jörn und ich uns ein allerletztes Mal für diese Session auf die Suche nach einem Parkplatz begeben. Obwohl ich erst um 19.30 Uhr auf der Bühne stehen muss, kreisen wir bereits schon jetzt ums Veedel. Gleich vor dem Eingang stehen zwei große Reisebusse, die die "Treuen Husaren Blau-Gelb 1925 e.V. Köln" anliefern, Parkplatz Fehlanzeige. Nach drei Runden drängt irgendwann die Zeit und Jörn schmeißt mich ebenfalls vorm Eingang raus und sucht alleine weiter nach einer freien Parklücke. Im Foyer herrscht Getümmel, denn die Sitzung hat noch nicht begonnen. Die Husaren machen sich fertig, während eine Drehorgelspielerin die Gäste mit kölschem Liedgut auf den Abend einstimmt. Kurz darauf nehmen die Sitzungsbesucher ihre Plätze ein, es folgt der Einzug des Elferrates sowie mit Schmackes die Treuen Husaren. Das Foyer leert sich und ich habe Platz und Gelegenheit, mich auf den letzten Auftritt zu konzentrieren. Noch einmal sammeln, noch einmal durchatmen. Irgendwann erscheint dann auch Jörn und berichtet, er habe drei Straßen weiter endlich einen Parkplatz gefunden. Parkknollen haben wir in dieser Session keine kassiert, dafür sind wir zwei Mal geblitzt worden...Kollateralschaden nennt man so was. Ich habe allerdings von Künstlern gehört, deren Auto während des Auftritts sogar abgeschleppt wurde und das obwohl die Aufschrift des Fahrzeuges eindeutig auf einen Karnevalskünstler hinwies, von dem man eigentlich hätte wissen müssen, dass der da nicht campiert, sondern nach spätestens 30 Minuten widder fott is...manchmal glaubt man es einfach nicht.

Die Treuen Husaren kommen von der Bühne und man konnte es bereits von draußen hören: et Publikum is joot drop. Für den letzten Auftritt hätte ich mir keinen schöneren Saal und keine bessere Veranstaltung aussuchen können. Hier lebt der Kölner Karneval, hier schlägt das Herz im Takt dr decken Trumm. Ja...und auch, dass Markus Quodt und seine Mannen hier für den guten Ton sorgen, passt wie die Faust auf´s Auge. Ich bin mir nicht sicher, ob das Publikum ahnt, wie wichtig das Zusammenspiel zwischen Künstler, Sitzungspräsident und Saalkapelle während der Session ist. Dieses Dreiecksverhältnis muss stimmen, nur dann kann ein Beitrag auch zu seiner vollen Entfaltung gelangen und nur dann wird das Publikum am Ende sagen "Dä Jung is joot". Wenn die Orchester Helmut Blödgen oder Markus Quodt op dr Bühn stonn, darfst Du Dir als Redner sicher sein, dass Du gute Chancen hast, einen glanzvollen Auftritt zu erleben. Was dann während der nächsten knapp 25 Minuten passiert, ist purer Spaß und Schabernack. Markus und seine Vollblutmusiker haben sich kleine Gags und Nettigkeiten einfallen lassen, die meinem letzten Sessionsauftritt die Krone aufsetzen. So ertönt z.B. an der Stelle meiner Rede, wo ich mit dem Elferrat nach Norderney fahre, plötzlich das Signalhorn der "Queen Mary 2", wobei wenig später gar seltsame Verdauungsgeräusche zu vernehmen sind. Mehrfach weiche ich von meinem Konzept ab und "schieße" spontan und verbal zurück, was dazu führt, dass ich selbst vor lauter lachen nicht mehr kann und um einen "normalen" Tusch bitte. Das Publikum merkt, dass diese Dinge völlig improvisiert und NICHT abgesprochen sind, der Funke springt über und mein Auftritt wird zu einem herrlichen Fest.

Ein letztes Mal für diese Session passiert das, was ich so oft in den letzten Wochen erleben durfte: der Saal steht komplett auf, applaudiert lautstark und fordert Zugabe. Ein letztes Mal "standing ovations" mit totaler Gänsehaut, eine letzte Rakete und ein letztes Alaaf. Ich winke in den Saal und merke, wie mir die Tränen in die Augen schießen. DAS ist kölscher Fastelovend und DAS sind die Momente, die man mit keiner Gage dieser Welt bezahlen kann...DAS ist das Herzblut, an dem wir Jecken hängen und für das wir bereit sind, alles zu geben. Ich gehe von der Bühne mit dem Wissen, eine Session erlebt zu haben, wie ich es selbst nicht für möglich gehalten hätte. Ich verteile völlig gerührt und bewegt noch ein paar Handküsse in die Menge, dann ist es vorbei. Im Foyer suche ich mir eine stille Ecke und möchte für ein paar Minuten ganz für mich alleine sein. Leeven Herrjott, wat mähst Du do he mit mir?! Fastelovend ist das schönste Hobbie dieser Welt und es ist ein Geschenk des Himmels, es derart genießen zu dürfen. Es ist pure Emotion und große Dankbarkeit, die ich in diesen Augenblicken empfinde. Die "Schlacht" ist nicht nur geschlagen...sie ist sogar gewonnen :-)

Am nächsten Morgen, es ist Rosenmontag, bin ich gemeinsam mit meiner lieben Frau Andrea und Töchterchen Neele, alt widder en Kölle. Wir stehen im Vringsveedel und freuen uns auf den Kölner Rosenmontagszug. Der WDR ist seit 9 Uhr auf Sendung und stimmt die Jecken im Land darauf ein, dat gleich "Dr Zoch kütt". Wicky Junggeburth interviewt u.a. Dä Tuppes vum Land und ich darf den Fernsehzuschauern von meinen Erlebnissen der letzten Wochen berichten. Danach darf ich gemeinsam mit meiner Familie auf Einladung des WDR auf deren Tribüne Platz nehmen, wofür ich mich an dieser Stelle recht herzlich bedanken möchte.

Was dann kommt, wird höchstwahrscheinlich als Jahrhundertzoch vun Kölle in die Geschichte eingehen. Strahlender Sonnenschein und ein Rosenmontagzug, wie er schöner nicht sein könnte. An einem solchen Tag wie diesem, blickt man tief in die Seele dieser Stadt. Die Tanzoffiziere der schmucken Tanzkorps tragen ihre Mariechen stolz durch die Straßen...sie sind das Kostbarste und Schönste, was der Kölner Karneval zu "beaten" hat und gemeinsam mit der Sonne strahlen sie um die Wette.

Weil man diesen Zoch sowieso nicht beschreiben kann, lasse ich an dieser Stelle einfach die Bilder sprechen:


     





Es dat net herrlich...Kölle Du ming Stadt am Rhing!